Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, eine sozialkritische und künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema: (Aus-)Tauschräume – Nachbarschaften zu führen. Sie haben eine disziplinenübergreifende Herangehensweise, Methodik und Umsetzung des Themas im Bereich Kunst und Forschung kennen gelernt.
Im Kontext disziplinenübergreifender Zugänge zum Thema befassen wir uns eingangs mit Fragen zum Kunstverständnis und beleuchten davon ausgehend gebaute und digital-virtuelle, städtische Raumstrukturen. Im nächsten Schritt verorten wir den Flohmarkt am Wiener Naschmarkt im Kontext „Postwachstumsstadt“ und Nachbarschaften und setzen uns mit seinem Potenzial als (Aus)Tauschraum im Hinblick auch auf eine geplante Um-bzw. Neugestaltung des Marktgebietes auseinander.
Der Flohmarkt im Kontext von kultureller Institution, Attraktionspool für Tourist*innen, Sammler*innen und Wiederverwertung von kommodifizierten Gütern, kann aus einer Nachhaltigkeitsperspektive gelesen werden, wenngleich er der kapitalistischen Logik gehorcht. Jede Ware, die am Flohmarkt gehandelt wird, weist Lokales und Globales und ihre Verschränkung in sich und mit anderen Waren auf. In diesem Zusammenhang werden Tauschobjekte, in die gegenwärtiges und vergangenes materielles und symbolisches Handeln einfließt, aus einer soziokulturellen Perspektive untersucht: Woher kommen sie, welche Geschichten und Prozesse werden durch sie im Raum des Flohmarkts erzeugt?
Der Flohmarkt ist auch ein Raum, an dem Öffentlichkeit durch Begegnungen und Austausch hergestellt wird. Durch die Beobachtung von räumlichen Interaktionen soll herausgefunden werden, wie Menschen aufgrund von Geschlecht, Klasse, Herkunft und anderen Kategorien, die miteinander verwoben sind, sich den konkreten Ort unterschiedlich aneignen bzw. nutzen.
Die Raumaufteilung des gesamten Flohmarkts ist mit Bodenlinien markiert. Die eingezeichneten Linien des, an anderen Wochentagen als Parkplatz genutzten „Marktgebiets“, überlagern sich mit den Umrisslinien, die die einzelnen Standplätze der Händler*innen abgrenzen. Die Durchlässigkeit dieser Parzellen, der räumliche Austausch über ihren Begrenzungen, die zusammenwirkenden Nachbarschaften werden im Seminar in den Blick genommen.
Die LV-Teilnehmer:innen untersuchen den Projekt-Ort ergebnisoffen im Austausch mit wissenschaftlichen Diskursen und aus einer intersektionalen Perspektive. Dabei wird mit dem künstlerischen Konzept „Syntopian Vagabond“ gearbeitet, dessen zentrales Forschungswerkzeug ein mobiler Glaskubus ist. Die syn-topische bzw. „Orte verbindende“ Forschung fasst ein Projekt als Ort auf, an dem Akteur:innen beteiligt sind, sich räumliche Atmosphären ausbilden und, der mit sichtbaren und nicht sichtbaren Orten in Beziehung steht.
Mit der Ausarbeitung von ortsbezogenen Entwurfsskizzen entwickeln die LV-Teilnehmer:innen einen (Aus-)Tauschraum zwischen Kunst und Gesellschaft.
Die Lehrveranstaltung hat prüfungsimmanenten Charakter; Anwesenheit und verbindliche aktive Teilnahme sind erforderlich, einmaliges Fehlen ist gestattet. Zu erbringen sind Teilleistungen, die aus dem Lesen und Diskutieren von Texten, Medienrecherche, Raumbeobachtung, Ad Hoc-Interviews, experimentelle Recherche, Ideenskizzen, Entwurf/Aktion und ihrer Ausarbeitung im Umfang von 8-10 Seiten pro Teilnehmer:in bestehen.
Brand, Ulrich/Wissen, Markus. 2017. Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus. München: oekom verlag.
Evans, Sandra/Schahadat, Schamma (Hg.). 2011. Nachbarschaft, Räume, Emotionen. Interdisziplinäre Beiträge zu einer sozialen Lebensform. Bielefeld: transcript.
Redecker von, Eva. 2020. Revolution für das Leben. Philosophie der neuen Protestformen. Frankfurt am Main. S. Fischer Verlag. 3. Auflage.
Weitere Literatur wird in der Lehrveranstaltung bekanntgegeben!