Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage,Städte als Vorreiter gesellschaftlichen Wandels und als Zentren der politischen und ökonomischen Veränderungen der letzten Jahrtausende zu verstehen. Sie sind informiert über den urbanen Lebensraum, der durch Suburbanisierung und Strukturwandel geprägt ist und Planung zunehmend als dynamischen Entwicklungsprozess zu verstehen erfordert.Sie sind weiters in der Lage komplexe Entwurfsaufgaben aus dem Fachgebiet des Städtebaus eigenständig, systematisch und mit originärem, zeitgemäßen Entwurfsansatz auf der Grundlage einer präzisen gestalterischen Sprache zu bearbeiten. Sie haben die Kompetenz, Handlungsfelder im urbanen Kontext zu erkennen und entsprechende städtebauliche Lösungsansätze zu entwickeln. Die Studierenden können eigenverantwortliche Recherchen und themen-bezogene Grundlagen erheben. Sie sind in der Lage, Entwurfskonzepte zu erstellen und diese in Form von Strategie- Entwurfs- und Detailplänen umfassend darzustellen und zu präsentieren.
Der Hintergrund:
Angesichts der rasanten gesellschaftlichen und klimatischen Veränderungsprozesse weltweit, scheinen die meisten tradierten Wohnmodelle überholt. Bis ins 20. Jahrhundert ging man von Einwohnern aus, die in Familien strukturiert, oft lebenslang am gleichen Ort arbeiteten und wohnten. Die aktuellen Umwälzungen in der demographischen Entwicklung (Geburtenrate, Lebenserwartung, Migration etc.), in der Arbeitswelt (Neustrukturierung der Arbeitsverhältnisse etc.), in der Familienstruktur (Singles, AlleinerzieherInnen, Patchwork-Familien etc.) und in den sozialen Beziehungen (veränderte Geschlechterrollen etc.) schaffen aber neue Lebensmodelle, die veränderte Lebensbedürfnisse zur Folge haben und somit neue Wohnformen und neue urbane Typologien erfordern. Die städtische Bevölkerung wird auch in den kommenden Jahren wachsen.
Die Herausforderung:
Die Zunahme der städtischen Bevölkerung bietet neue Möglichkeiten aber führt auch zu einer Verschärfung der Wohnungsfrage. Neue und alte Herausforderungen, wie die Bereitstellung von nachhaltiger Mobilität, Sicherstellung bzw. Ermöglichung von Arbeitsplätzen und Infrastruktur stehen neben der Notwendigkeit der Nachverdichtung bestehender urbaner Strukturen
Das Projekt:
Die Siedlung Siemensstraße (1950–54) in Floridsdorf zählt zu den herausragenden Beispielen des sozialen Wohn- und Sädtebaus im Wien der Nachkriegszeit. Sie wurde international hoch beachtet und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung war die Siedlung mit über 1700 Wohnungen die größte kommunale Wohnhausanlage Wiens.
Viele der mehr als 1.700 Wohnungen sind als sogenannte Duplexwohnungen ausgeführt, Kleinwohnungen (ca. 30m²), die später ohne großen technischen Aufwand zusammengelegt werden konnten. Im Sinn der damaligen Forderungen des Städtebaus, der eine Trennung von Arbeit, Wohnen und Erholung anstrebte, wurde die Siedlung in der unmittelbaren Umgebung der großen Floridsdorfer Industriebetriebe mit großzügigen Frei- und Grünflächen angelegt, heute das Potential zur Nachverdichtung und Nutzungsmischung.
Der Architekt Franz Schuster (1892–1972) plante die Siedlung nach dem aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Konzept der „Neuen Nachbarschaft“. Diese sollte ein relatives Eigenleben der Bewohner*innen ermöglichen und unterschiedliche Wohnbedürfnisse berücksichtigen. Für Familien, Alleinstehende, Kriegsinvalide und Alte wurden eigene Haus- und Wohnungstypen entworfen, wie die „Heimstätte für alte Menschen“.