Eine Gedenkstätte für die Opfer einer weltweiten Migration
„Auf-der-Flucht-Sein, die Haupt-Existenzform der Zukunft. Schon jetzt gibt es mehr Flüchtlinge als nach dem Zweiten Weltkrieg.“[1] Das Thema der Migration durchdringt unsere Gesellschaft seit Jahrzehnten, bestimmt den politischen und sozialen Diskurs und seit der Flüchtlingswelle von 2015 wurde dieses Thema zum immer wiederkehrenden Mittelpunkt parteipolitischer Auseinandersetzungen und politischer Wahlkampfthemen.
Dass Migration sehr eng mit menschlichem Leid und tödlich verunglückten Menschen verbunden ist, gehört mittlerweile zum Alltag und löst nur mehr marginale Betroffenheit in breiten Gesellschaftsschichten aus. Nach Papst Franziskus „herrscht eine globalisierte Gleichgültigkeit gegenüber der Migration und den Menschen die bei diesen Migrationsversuchen sterben.“[2]
Ein besonders tragisches Ereignis dieser Flüchtlingswelle als Bestandteil der Europäischen Flüchtlingskrise ereignete sich am 28.August.2015 in der Nähe des burgenländischen Ortes Parndorf an der Grenze zu Ungarn:[3]
in einem Kühllastwagen, welcher in einer Nothaltebucht an der Ostautobahn A4 abgestellt war, wurden 71 tote Menschen im luftdicht abgeschlossenen Laderaum aufgefunden. Fast alle Menschen, 59 Männer, 8 Frauen und 4 Kinder konnten identifiziert werden.
„Schwerer ist es, das Gedächtnis der Namenlosen zu ehren als das der Berühmten. Dem Gedächtnis der Namenlosen ist die historische Konstruktion geweiht.“[4]
Denkmäler, Mahnmale, Orte der Erinnerung besitzen seit langer Zeit eine hohe Relevanz in der Gesellschaft. Eine Vielzahl an Monumenten, bisweilen ganze Museen, sind dem Gedenken an bestimmte Ereignisse gewidmet, oder erinnern an große Persönlichkeiten und unterschiedliche politische Gruppen. Evident ist, dass sie immer einem breiten Diskurs unterliegen, oft kontrovers diskutiert werden und mitunter auch eine ablehnende Haltung hervorrufen.
Ziel des Entwerfens ist es, einen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der Information zu schaffen, um diese Tragödie und deren Opfer nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und die Aufmerksamkeit auf die noch immer täglich stattfindende Migration zu richten. Gefragt ist eine Architektur, die diesen Ort der Tragödie und des Traumas abgrenzt und ihn in einen aufgeladenen Ort der Erinnerung verwandelt. Entstehen soll eine Gedenkstätte, welche die Toten ehrt und gleichzeitig die Lebenden berührt und informiert. Eine Architektur die manifestiert und vermittelt, aber nach Peter Eisenmann durch Mehrdeutigkeit und Provokation auch Emotionen weckt, die bei den Besucher*innen einen Denkprozess, Auseinandersetzung und Aufarbeitung auslösen.
„You know, art has always been critical of life,…”[5] Peter Eisenman
[1] Kerstin Decker: Der Grenzgänger. In: Der Tagesspiegel, Nr. 17 191, 4.Oktober 2000, S. 33
[2] Vgl: Papst betet für die verstorbenen Flüchtlinge in Österreich. In: www.radiovaticana.va. 30. August 2015, abgerufen am 12.12. 2021.
[3] Vgl: https://de.wikipedia.org/wiki/Flüchtlingstragödie_bei_Parndorf, abgerufen am 11.12.2021
[4] Walter Benjamin, G.S. I, 1241
[5] Peter Eisenman in: Peter Noever, ed. Architecture in Transition: Between Deconstruction and New Modernism. Munich: Prestel-Verlag, 1991. p39.
Zum Einführungsvideo:
https://tube1.it.tuwien.ac.at/w/4Auy5UdoTiKWWCmmc1Q78K?autoplay=1
„Im Falle einer geänderten Corona-Situation kann es zu Änderungen des Formats kommen (z.B. Umstieg auf reines Distance-Learning).“
Ein erstes Treffen und eine organisatorische Einführung findet am Donnerstag den 03.03.2022 um 09:30h-11:00h im AEU 1-6 (Stiege 3) statt. Im Anschluss von 13:45h-16:00h Besichtigung des Bauplatzes in Parndorf/Burgenland. Anfahrt im eigenen Auto, oder mit der Bahn bis "Parndorf Bahnhof".
Abfahrt 12:45 REX6 Wien Hbf Gl.11A-B - Ankunft Parndorf Bahnhof 13:20 Gl.3
Vom Bahnhof Parndorf ca. 20 Minuten zu Fuß zum Bauplatz
Retour: Abfahrt 16:39 REX6 Parndorf Bahnhof Gl.2 - Ankunft Wien Hbhf 17:15 Gl. 5C-E
Anmeldungen mit einem Portfolio werden bevorzugt aufgenommen
Research- und Analysen als Gruppenarbeit
Ausarbeitung Projekt – als Einzelarbeit
Einen detaillierten Semesterzeitplan mit allen Betreuungszeiten und der didaktischen Gliederung des Enwurfsprozesses finden sie unter Unterlagen im TISS. Betreuungszeiten jeweils Montag im Online Modus und Donnerstags im Präsenzmodus.
Zum Einführungsvideo:
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1. James E. Young: Formen des Erinnerns, Gedenkstätten des Holocaust, Passagen Verlag, Wien, 1997
2. Wittmann, Franziska: Körper in Räumen, Quart Verlag, 2019
3. Mennekes, Friedhelm: Eduardo Chillida, Kreuz und Raum, Chorus, 2001
4. Pallasmaa, Juhani: Die Augen der Haut, Architektur und die Sinne, 2012
5. Zumthor, Peter: Atmosphären:Architektonische Umgebungen, Birkhäuser, 2006
6. Tanizaki, Jun'ichiro: Lob des Schatttens, Entwurf einer japanischen Ästhetik, 2010
7. Eichinger, Gregor: Touch Me, Das Geheimnis der Oberfläche, 2011