Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage:
1) die Methoden der Dokumentation und Analyse von Bauwerken, Ensembles und ihrer örtlichen Gegebenheiten anzuwenden – Grundlagen nicht nur für die Archäologische Bauforschung, sondern auch für das Planen und Bauen im historischen Kontext. Gelehrt wird die verformungsgerechte Bauaufnahme von Handaufmaß bis Hightech (u.a. in den Bereichen Photogrammetrie und 3D-Laserscanning), die analysierende Bauuntersuchung sowie die effiziente Literatur- und Archivrecherche für den Kontext.
2) eine umfassende Studie zur Veränderungs- und Entwicklungsgeschichte eines Gebäudes oder Baukomplexes bzw. ausgewählter konstruktiver Phänomene zu erstellen sowie Bauabläufe und Planungsabsichten im Kontext allgemeine kultur- und architekturgeschichtlicher Aspekte der jeweiligen Epoche zu rekonstruieren.
3) allgemeine und gebäudespezifische Aspekte der Bautechnikgeschichte als Spiegel der Möglichkeiten und des Innovationsgehalts der zu untersuchenden Bauten zu erkennen und zu diskutieren
4) wissenschaftlich zu arbeiten, eine Forschungsfrage zu definieren, Hypothesen zu entwickeln und zu überprüfen sowie ihre Ergebnisse im Bereich Architekturforschung professionell mündlich und schriftlich zu präsentieren
Thema im WS 2019:
Das „Letzte Haus“. Die Via Appia Antica in Rom und ihre Sepulkralarchitektur
Das Modul Baugeschichte und Bauforschung beschäftigt sich im WS 2019 im Rahmen des Forschung-in-der-Lehre-Projekts „Das Letzte Haus. Die Via Appia Antica in Rom und ihre Sepulkralarchitektur“ mit ausgewählten antiken Grabbauten entlang dieser 312 v. Chr. angelegten Ausfallstraße der Ewigen Stadt. Im Fokus der Bauaufnahme stehen ein Tempelmausoleum mit besonders gut erhaltenen konstruktiven und dekorativen Details und benachbarte Vergleichsbauten. Darüber hinaus werden wir uns aber auch den Veränderungen, Zerstörungen, Umnutzungen und nicht zuletzt den Inszenierungen der Anlagen hier über die Jahrhunderte widmen – aber nicht nur denen der Grabbauten, sondern auch der Nutz-, Wehr- und Wohnarchitektur entlang der Appia.
Um die Studierenden nicht nur an die Bau- und Bautechnikgeschichte der römischen Antike, sondern auch an sehr aktuelle Themen wie „Planen und Bauen im historischen Bestand“, „REUSO“, „Archäologische Parks im 21. Jahrhundert“, „Overtourism“ etc. heranzuführen, besichtigen wir im Rahmen des Aufenthalts in Rom natürlich auch Bauten und Orte im Kontext: z.B. Sankt Peter und seine Nekropolen, die Engelsburg (= Hadriansmausoleum), die gerade im Umbau befindliche Piazza Augusto Imperatore mit dem Augustusmausoleum, die Tombe in Via Latina, ggf. auch die (Domitilla-)Katakomben und Ostia Antica.
Allgemeine Lehrinhalte des Moduls:
Bauforschung bedeutet die Rekonstruktion der gestalterischen Idee, die einem Gebäude innewohnt, re-agierend auf den kulturellen und gesellschaftlichen Kontext seiner Entstehung. Sie ist eine Art rückwärts aufgeschlüsseltes Entwerfen und gleichzeitig eine Möglichkeit, das Gebäude und seine spezifischen Lösungen kritisch zu diskutieren und zu bewerten - d.h. je nach Bauaufgabe Kriterien wie Aktualität, Nutzungsqualitäten, gestalterische Kohärenz, Nachhaltigkeit usw. zu hinterfragen.
Die Methoden der Bauforschung und ihre Bedeutung für die dem Bauen vorausgehenden Tätigkeiten (Gutachten, Dokumentation, historische Bewertung, Koordination) in der Planung und Umsetzung von Interventionen am Bestand (Sicherung und Konservierung, Umnutzung, Umbau, Sanierung, Restaurierung, Rekonstruktion) sowie für die dem Bauen nachgeordnete, wissenschaftliche Betrachtung von Architektur sind Themen des Moduls.
Bei der Baudokumentation werden uns besonders bautechnische Details wie die verschiedenen Mauerwerke, das Bauen mit dem "römischen Beton" (opus caementitium) und Baustellenlogistik in der Antike etc. interessieren, in der Bauanalyse dann auch architekturhistorisch relevante Fakten zu Themen wie "Bau- und Funktionstypologien", "Sepulkralarchitektur" (Nekropole, Mausoleum, Katakombe), "Leben und Tod an der Via Appia" u.v.m.
Erwartet werden Grundkenntnisse der skizzenhaften Architekturdarstellung und Plananfertigung
Erfahrung in Bauvermessung und Verschriftlichung von architektonischen Themen mit wissenschaftlicher Intention von Vorteil.
Vorlesungen und Übungen des Instituts für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege